Nachdem mich am Dienstag der „Rappel“ gepackt hatte und ich noch so Dinge wie Sockelleisten saugen erledigen „musste“, hatte ich schon so ein Gefühl, dass es bald losgehen könnte.

Am Mittwoch spürte ich dann auf dem Weg zu einem gemeinsamen Mittagessen mit meinem Mann und meiner Tochter die erste Kontraktion. Nach dem Essen wollten wir eigentlich noch gemeinsam in die Stadt, aber ich entschied mich, lieber heim zu gehen und mich auszuruhen. Den weiteren Nachmittag und Abend über hatte ich immer mal wieder sporadisch Kontraktionen, teilweise musste ich sie veratmen. Ich habe dann vorsorglich noch etwas geschlafen und bin abends früh ins Bett. Um 23:00 Uhr bin ich aufgewacht und hatte ab dann spürbare Kontraktionen mit Abständen zwischen 4 und 15 Minuten, phasenweise sehr regelmäßig. Mein Mann hat noch ein bisschen die Wohnung aufgeräumt und vorbereitet, um 1:00 Uhr schickte ich ihn schlafen. Ich kam sehr gut alleine zurecht und konnte vor allem die Relaxationsphasen wandernd durch die Wohnung total genießen. Draußen hatte es angefangen zu schneien, es war alles still und ich ganz bei mir und meinem Kind.

Gegen 4:00 Uhr wurde ich sehr müde und die Relaxationsphasen wieder länger, daher hab ich mich nochmal zum Dösen hingelegt.

 

Morgens waren immer noch Kontraktionen da, mein Mann machte unsere kleine Tochter fertig und brachte sie in den Kindergarten. Dort wurde sie dann von einer Freundin abgeholt und bis zum späten Abend liebevoll und einfühlsam betreut.

Als mein Mann zurück war, telefonierte ich mit meiner Vorsorgehebamme Eva und erfuhr, dass sie den Dienst übernehmen und uns bei der Geburt begleiten wird. Ich hab mich so gefreut!

Da meine Kontraktionen noch sehr unregelmäßig kamen, machten wir aus, dass ich erstmal ein Bad nehme. Dort kamen die Kontraktionen dann nach kurzer Zeit sehr regelmäßig alle 5 Minuten und ich fing bald an, sie leise zu vertönen. Immer wieder stellte ich mir mein Bild für die Öffnung des Muttermundes vor, während den Kontraktionen selbst kam allerdings kein Bild „einfach so“ und für das aktive Hervorrufen war ich schon zu beschäftigt. Mein Mann war immer in meiner Nähe und sagte ab und zu die aus dem Hypnosekurs verinnerlichten 2×2 Worte, was ich als sehr schön und beruhigend empfand!

Zwischendurch schauten Eva und eine Hebammenschülerin vorbei, wir redeten kurz und Eva hörte die Herztöne des Babys ab. Eine Muttermunduntersuchung wollte ich lieber nicht, aus Angst vor Frustration.

Eva ließ mir noch Ut-Öl da, um die Geburt etwas anzuregen und verabschiedete sich vorerst wieder. Als ich nach zwei Stunden aus der Wanne kam, hatte mein Mann Mittagessen vorbereitet, ich wollte aber nur wenig essen. Außerhalb der Wanne wurden die Relaxationsphasen länger und ich hing etwas in der Luft…würden wir wieder so lange auf die Ankunft unseres Babys warten müssen wie schon bei der Geburt unserer Tochter? Oder sollte unser Sohn tatsächlich heute noch Geburtstag haben?

Nach dem Essen massierte ich das Ut-Öl ein und mein Mann schlug vor, noch etwas zu kuscheln. Er schlug auch vor, dass wir miteinander schlafen, ich war erst zögerlich aber ließ mich dann darauf ein. Da ich währenddessen mehrere Kontraktionen hatte, war es extrem intensiv für uns beide aber wirklich schön. Direkt danach nahm die Geburt auf einmal Fahrt auf, es kamen Kontraktionen im Abstand von 1-2 Minuten. Ich musste erstmal weinen vor Vorfreude darüber, dass es jetzt wirklich los ging. Die Kontraktionen wurden sehr schnell heftiger, aber das Verarbeiten und Vertönen fiel mir zu diesem Zeitpunkt noch leicht und kam mir total befreiend vor. Mein Mann rief Eva an, die dann um halb vier mit ihrer Hebammenschülerin zu uns kam. Die beiden legten leise und unaufgeregt die Sachen für die Hausgeburt zurecht und ließen meinen Mann und mich machen. Die Stimmung war schön und tatsächlich romantisch.

Ziemlich bald fingen die Kontraktionen dann an, mich sehr stark zu überrollen. Vom einen auf den anderen Moment fühlte ich mich gar nicht mehr „Herr“ der Lage, wusste nicht, welche Position ich noch einnehmen sollte, wechselte sie ständig aber keine fühlte sich mehr erträglich an. Eva redete mir leise gut zu, massierte während den Kontraktionen mein Kreuzbein und hörte immer wieder nach den Herztönen des Babys. Mein Mann war mein Anker, die Bilder der Hypnose konnte ich in dem Moment gar nicht mehr hervorrufen, ich war doch sehr stark in Gedanken. Den unglaublichen Kräften, die während den Kontraktionen in mir wirkten machte ich mit lautstarkem Tönen, Brüllen und Weinen Luft. Inzwischen war Corinna, die zweite Hebamme, schon eingetroffen. Ich deutete daraus, dass Eva denkt, die Ankunft unseres Babys stünde kurz bevor. Ich selbst spürte dadurch einen Erwartungsdruck und auch die Sorge, dass das wie bei meiner ersten Geburt noch sehr lange dauern könnte, kam in mir hoch. Eva fragte, ob ich mal selbst nach dem Muttermund tasten möchte. Ganz weit weg spürte ich das Köpfchen meines Babys.

Plötzlich musste ich an den Satz auf der Hypnose-CD „wie auf einer Rutschbahn…“ denken und er kam mir auf einmal so absurd vor. Beim besten Willen konnte ich mir nicht vorstellen, wie mein Kind einfach so herausrutschen sollte.

Immer mehr hatte ich das Gefühl, es nicht mehr auszuhalten, wartete mit jeder Kontraktion darauf, dass endlich eine erlösende Presswehe kommt. Eva fragte, ob sie mal nach dem Muttermund schauen soll und ich war einverstanden. Es war noch immer ein Saum da.

Aus lauter Verzweiflung schlug ich vor, nochmal in die Badewanne zu steigen in der Hoffnung, im warmen Wasser die Relaxationsphasen besser nutzen zu können. Als es in der Wanne erstmal schlimmer wurde, wollte ich dann, wohlwissend, dass das nicht geht, ganz unbedingt Schmerzmittel und überlegte insgeheim, wie ich wohl in diesem Zustand eine Fahrt ins Krankenhaus aushalten könnte.

Eva spürte, dass ich sehr in Gedanken war. Sie schlug vor, die Hypnose-CD zu hören. Ich war einverstanden, konnte aber – anders als in den Wochen vor der Geburt, wo ich die CD oft und gerne gehört habe – nicht wirklich etwas damit anfangen in dem Moment.

Ich schrie viel „Nein“, “ nicht schon wieder eine Wehe“ und „ich will nicht mehr“. Auf der CD kam parallel dazu “ Jaaaaaaaaaaaa“ und Eva half mir, statt meinen Neins lieber Ja’s zu tönen.

Sie sagte dann, dass sie Corinna gerne nochmal wegschicken würde, da sie denkt, dass sie mich irgendwie störe.

Meine irrationale Reaktion darauf war: „Nein, dann dauert es ja noch länger!!!“. Ich rechnete im Kopf aus, dass sich das Heimgehen ja für Corinna nur lohnt, wenn sie erst in zwei Stunden wieder kommt. So lange wollte ich nicht mehr! Eva schickte Corinna trotzdem weg. Danach hatte ich tatsächlich das Gefühl, in eine kleine Zeitlosigkeit zu kommen, es war irgendwas mit drei – drei Minuten, drei Kontraktionen, ich weiß es nicht genau – und plötzlich spürte ich es: wie auf einer Rutschbahn rutschte der Kopf meines Babys auf einmal durchs Becken und ich erkannte das Brennen kurz vor Durchtritt des Kopfes wieder. Das gab mir nochmal eine enorme Kraft, ich schrie aus Leibeskräften, diesmal völlig euphorisch. Eva wunderte sich über diese plötzliche Wendung, aber unser Sohn kam jetzt tatsächlich, ich wusste es! Es fühlte sich sehr eng an aber ich erinnerte mich, „alles ist weit“! Der Kopf unseres Sohnes kam in zwei oder drei Schüben, ich durfte die Haare anfassen, kurz darauf schob ich in einem letzten Kraftakt noch seinen Körper heraus.

Und dann war er da, lag gesund und perfekt auf meiner Brust. Wir hatten es geschafft!

Wir begrüßten unseren Sohn, er weinte gleich ein bisschen. Alles war gut.

Weil das Wasser in der Wanne inzwischen kühl war, zogen wir ins Schlafzimmer um. Ich wartete stehend vor dem Bett, während die Hebammen dieses vorbereiteten und spürte auf einmal, wie sich die Platzenta löste. Ich sagte es in dem Moment, wo sie schon (zügig und vollständig) kam und geistesgegenwärtig von Eva aufgefangen wurde.

Ich war im Wochenbett. Wir hatten es geschafft. Eine schöne Hausgeburt in vertrauter Umgebung und noch dazu mit „meiner“ Hebamme. Was für ein Geschenk so eine selbstbestimmte Geburt doch ist, die mir bei jedem Erinnern unweigerlich ein Lächeln ins Gesicht zaubert.

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