Um auch anderen Frauen Mut zu machen, sich auf eine natürliche Geburt einzulassen, möchte ich von den Geburten meiner beiden Kinder im Geburtshaus Stuttgart-Mitte berichten.
Bereits im ersten Trimester meiner ersten Schwangerschaft habe ich mich für die Schwangerschaftsvorsorge und die Geburt im Geburtshaus entschieden. Wichtig waren für mich die persönliche Betreuung während der Schwangerschaft und das geborgene, vertraute Umfeld in dem ich mir vorstellen konnte, selbstbestimmt und ohne Zeitdruck, Klinikatmosphäre und ungewollte Eingriffe mein Kind auf die Welt zu bringen. Ich bin ein Mensch, der Vertrauen in die Kraft des eigenen Körpers und die natürlichen Vorgänge während der Geburt hat. Außerdem trugen die Gespräche mit den Hebammen dazu bei, dass ich angstfrei und erwartungsvoll der Geburt entgegensah. Durch die gute fachliche Betreuung fühlte ich mich jederzeit gut aufgehoben – auch ohne viel technischen Schnick-Schnack.
Die Geburt meiner Tochter begann an einem Freitagmorgen um 7.00 h mit einem Blasensprung im Bett (SSW 40+2). Ich benachrichtigte Maria über die Hotline, die mir riet, mich noch einmal auszuruhen und versprach vormittags vorbei zu kommen. Ich gab auch meinem Mann Bescheid, der sofort völlig aus dem Häuschen war und sich auf den Heimweg machte. Ich war froh, als Maria da war, um mich zu beruhigen. Sie riet uns, spazieren zu gehen, um die Wehen anzuregen und wir vereinbarten, dass ich mich wieder bei ihr melden würde, wenn die Wehen kräftiger und regelmäßiger geworden waren. So blieb ich den ganzen Vor- und Nachmittag zu Hause und veratmete die immer stärker werdenden Wehen beim Herumlaufen in der Wohnung und auf dem Pezziball. Erst gegen 17.00 h hatte ich den Wunsch ins Geburtshaus zu fahren, wo uns Maria schon erwartete. Die Räume des Geburtshauses waren mir von den Vorsorgeuntersuchungen bereits vertraut und ich fühlte mich sofort zu Hause. Wir packten die Geburtstasche aus, bezogen das Bett und legten unsere mitgebrachte Musik ein. Ich veratmete die Wehen auf den Wickeltisch gestützt oder am Fußende des Betts kniend. Die Schmerzen wurden immer stärker und ich war dankbar über die aufmunternden Worte und Berührungen von Maria. Nach einigen Stunden Wehenarbeit beschlossen wir, in die Geburtswanne zu wechseln. Das warme Wasser war sehr angenehm und ich konnte während den Wehenpausen gut entspannen. Maria untersuchte mich und stellte fest, dass das Köpfchen bereits tastbar war. Ich fühlte selbst und war erstaunt, bereits so viel geschafft zu haben. Allerdings wurden meine Wehen im Wasser zunehmend schwächer. Also wechselten wir wieder ins Trockene. Maria nahm mich an den Händen und wir stampften in den Wehenpausen, um die Geburt in Gang zu halten. Ich war wie in Trance und nahm meine Umgebung kaum noch wahr. Ich hatte das Gefühl am Ende meiner Kräfte zu sein. Die Wehen waren unglaublich schmerzhaft geworden und ich hatte Angst vor dem Durchtritt des Köpfchens. „Trau dich! Du kannst das!“ ermutigte mich Maria immer wieder. Ich wechselte auf den Gebärhocker und mein Mann hielt mich von hinten unter den Armen. Schließlich nahm ich all meine Kraft und meinen Mut zusammen und presste so fest ich konnte. Ich schrie laut auf, als das Köpfchen geboren wurde – mehr aus Überraschung, als vor Schmerz. Es war so unwirklich, dass unsere Tochter auf einmal geboren wurde. In der nächsten Wehe rutsche dann auch der Körper mit einem riesigen Schwall Blut und Fruchtwasser heraus. Ich bekam unsere Tochter sofort auf die Brust gelegt und war überwältigt vor Erleichterung und Glück. Sie bekam eine Sauerstoff-Vorlage, weil sie sich mit dem Atmen etwas Zeit lies und wurde auch erst abgenabelt, als die Nabelschnur vollständig auspulsiert hatte. Mein Mann und ich zogen mit unserer Kleinen ins Bett um und bestaunten und streichelten sie ausgiebig. Maria half mir beim ersten Anlegen und ich war verblüfft, wie selbstverständlich dieses kleine Wesen zu trinken begann. Kurze Zeit später forderte mich Maria auf, in den Vierfüßlerstand zu gehen, damit die Plazenta geboren werden konnte. Maria untersuchte mich und stellte fest, dass der Damm intakt geblieben war, jedoch eine kleine Rißverletzung an den Schamlippen genäht werden musste. Sie erklärte mir behutsam, wie sie vorgehen würde, betäubte die betreffende Stelle und nähte die Verletzung vorsichtig. Anschließend wurde bei unserer Tochter noch die U1 (3.500 g, 50 cm) durchgeführt. Ich war unglaublich stolz, überglücklich und hatte das Gefühl, Bäume ausreißen zu können. Ich aß und trank eine Kleinigkeit, dann duschte ich, wir zogen uns an und verließen als frischgebackene Familie das Geburtshaus. Es war fast unwirklich, als wir im Auto saßen und die Kleine in ihrem Sitz schlummern sahen. Insgesamt hatte die Geburt ab dem Blasensprung 17,5 Stunden gedauert. Dank meiner Nachsorgehebamme verlief auch das Wochenbett problemlos und ich konnte 6 Monate voll stillen.
Zwei Jahre später ließ sich unser Sohn ein wenig mehr Zeit und kam fast zwei Wochen nach dem errechneten Entbindungstermin zur Welt (SSW41+6). Die Schwangerschaft kam mir insgesamt deutlich beschwerlicher vor. Einerseits weil ja noch ein Geschwisterkind zu versorgen war und ich wenig Zeit zum Ausruhen hatte, andererseits weil ich mit einigen harmlosen Schwangerschaftsbeschwerden zu kämpfen hatte und mich unglaublich schwerfällig fühlte. Mit jedem Tag Terminüberschreitung wurde ich ungeduldiger und hatte Angst, am Ende doch noch zur Einleitung in die Klinik zu müssen. Durch die regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen im Geburtshaus und die kräftigen Kindsbewegungen war ich jedoch sicher, dass es meinem Kind gut ging und er einfach noch etwas Zeit brauchte. Abends war meine Familie zu Besuch und wir stießen mit einem Glas Sekt auf den baldigen Familienzuwachs an. Beim anschließenden Spaziergang bemerkte ich die ersten Wehen. Sie wurden innerhalb kurzer Zeit kräftiger und kamen bereits alle 5 Minuten, so dass ich Monika über die Hotline anrief. Wir vereinbarten, uns in einer Stunde im Geburtshaus zu treffen, da ich unsicher war, wie lange die zweite Geburt dauern würde. Außerdem sehnte ich mich nach der Sicherheit und der vertrauten Atmosphäre des Geburtshauses. Monika begrüßte uns herzlich und half uns beim Auspacken der Geburtstasche und Beziehen des Bettes. Die Ruhe und Selbstverständlichkeit mit der sie uns während den Wehen begleitete, uns aber auch viel Freiraum und Zeit für uns ließ, war sehr angenehm. Ich „wehte“ einige Zeit im Stehen und Knien und wechselte dann in die Geburtswanne. Bei gedämpftem Licht und meiner Lieblingsmusik ging von Wehe zu Wehe und genoss die Ruhe und Intimität dieses Augenblicks, während mein Mann sich auf dem Sofa noch ein wenig ausruhte. Die Wehen wurden immer heftiger und ich fragte Monika, wie weit ich denn schon sei. Sie untersuchte mich und stellte fest, dass der Muttermund bereits weich war und sich vollständig aufdehnen ließ, die Fruchtblase jedoch noch intakt war, was den Druck des Köpfchens dämpfte. Kurze Zeit später spürte ich am Ende einer Wehe einen Ruck und ein riesiger Schwall Fruchtwasser ergoss sich in die Wanne. Sofort wurden die Wehen intensiver und ich spürte wie der Kopf tiefer ins Becken kam. Ich verließ die Wanne und wechselte in eine kniende Position am Fußende des Bettes. Jetzt wurde es wirklich schmerzhaft und ich brauchte die Unterstützung meines Mannes, der mir während der Wehe die Hand gab. Ich schob während der Wehen kräftig mit. Monika fragte mich, ob ich noch einmal kurz auf die Toilette gehen wolle, um die Blase zu entleeren und Platz für das Köpfchen zu schaffen. Also wankte ich auf die Toilette und spürte plötzlich während der nächsten Wehe, wie das Köpfchen deutlich tiefer kam. Ich rief aufgeregt nach Monika und wir gingen zurück zum Bett. Sie schlug vor, in Seitenlage zu gehen, damit sich das Kind richtig ins Becken drehen konnte. Sie gab mir Gegenhalt und ich presste wieder kräftig mit. Inzwischen war auch Vroni hinzugekommen und stütze mein anderes Bein während der Wehe. Ich tastete und konnte spüren wie das Köpfchen am Scheideneingang stand. Wir wechselten in den Hirtenstand (ein Bein kniend, ein Bein aufgestellt) und Monika forderte mich auf, mir das Köpfchen ganz langsam in die Hand zu schieben. Wieder konnte ich mir einen Schrei nicht verkneifen, als das Köpfchen durchtrat und ich es mir vorsichtig in die Hand schob. Ganz langsam wurde das Köpfchen geboren und unser Sohn machte sich bereits durch erste Laute bemerkbar. Die nächste Wehe ließ auf sich warten, aber schließlich wurde auch der Körper mit einem riesigen Schwall Fruchtwasser geboren. Ich war erstaunt und glücklich, als ich unseren kräftigen Sohn nass und voller Käseschmiere auf dem Boden liegen sah. Wir zogen aufs Bett um und bestaunten unser Kind, das gleich voller Selbstbewusstsein anfing, die Brust zu suchen. Die Nachwehen waren dieses Mal sehr intensiv und wurden erst erträglich, als die Plazenta geboren wurde. Trotz des Geburtsgewichts von 4.500 g und einer Größe von 56 cm war der Damm unverletzt geblieben, nur eine kleine Schürfung wurde mit einem Stich genäht. Insgesamt hat die Geburt 8 Stunden gedauert und wir konnten uns kurze Zeit später auf den Heimweg machen.
Durch die positive Geburtserfahrung habe ich viel Selbstvertrauen gewonnen. Wenn mich heute jemand nach meinen Geburten fragt, sage ich, dass es eine Grenzerfahrung war, aber eine unglaublich bereichernde und wunderschöne, für die ich sehr dankbar bin.
Dieser Texte unterliegt dem Urherberrecht. Eine Vervielfältigung oder Verbreitung – auch auszugsweise – bedarf der vorherigen Zustimmung des Urhebers.