Schon ziemlich früh stand für uns fest, dass wir unser Kind im Geburtshaus auf die Welt bringen wollen. Ich wusste, dass ich mich in der Atmosphäre eines Krankenhauses schwer tun würde mich auf die Geburt und alles damit Verbundene einzulassen. Auch eine Hausgeburt bedachten wir nicht näher, da wir in einer kleinen Mietwohnung leben und ich daher bedenken wegen den Nachbarn hatten.

Aber dann kam alles anders, als wir dachten.

Zuerst einmal platzte die Fruchtblase Sonntagabends, obwohl der errechnete Geburtstermin erst eine Woche später war und ich davon ausgegangen war, unser Kind erst in 1-2 Wochen zur Welt zu bringen. So dass nach der ersten Überraschung („Ist das wirklich Fruchtwasser, oder drückt das Kleine jetzt schon so stark auf die Blase!?“) ziemliche Unruhe aufkam. Wir packten alles noch Fehlende fürs Geburtshaus zusammen, bauten den Wickeltisch fertig auf und legten letzte Hand ans Bettchen. Bei einem „Mitternachts-Eis“ auf unserem Balkon begannen dann ganz zart die ersten Wehen. Nach der anfänglichen Aufregung waren wir jetzt ziemlich Müde, und gingen erst einmal schlafen. Erst gegen 4 Uhr wachte ich von den Wehen auf, konnte aber immer sofort wieder einschlafen.

Gegen Morgen wurde es langsam ungemütlich und so riefen wir um kurz nach 7Uhr die Hebamme an, diese meinte, dass sich vor kurzem noch eine Frau meldete die ebenfalls Wehen hatte und im Geburtshaus entbinden wolle. Und ob es für uns in Ordnung wäre, dass sie erst einmal bei uns zu Hause vorbeischaut.

Als sie dann bei uns war, hörten die Wehen erst einmal wieder auf, worüber ich mehr verblüfft war als die Hebamme. Da alles in Ordnung war und wir uns noch sicher fühlten beschlossen wir erst einmal ohne sie zu Hause weiter zu machen und sie dann wider anzurufen. Ich freute mich sehr, dass uns „unsere Hebamme“, die ich und unser Kind schon von den Vorsorgen gut kannten, nun auch bei der Geburt betreuen konnte!

Der Vormittag verging dann doch recht schnell mit essen, ruhen und alle 5 Minuten Wehen veratmen. Gegen 12 Uhr kam die Hebamme wieder und da ich inzwischen stärkere Wehen hatte, wollte ich dass sie da blieb. Während des Morgens hatten wir gemerkt, wie gut man Wehen auch zu Hause veratmen konnte und dass wir uns plötzlich doch auch vorstellen konnten einfach weiterzumachen und ganz zu Hause zu bleiben. Die Möglichkeit doch noch ins Geburtshaus zu gehen ließen wir zwar offen, brauchten sie aber dann gar nicht, da ich mir zu keinem Zeitpunkt der Geburt einen besseren Ort als unsere vertraute Wohnung vorstellen konnte. Dass es nicht gerade sehr aufgeräumt bei uns war, spielte überhaupt keine Rolle.

Mein Mann und unsere Hebamme unterstützten mich ausdauernd und liebevoll, sie veratmeten mit mir die Wehen, hielten mich, halfen mir in die verschiedenen Positionen (wobei unsere Hebamme immer wieder Rat wusste, wenn ich nicht mehr selbst eine Geeignete fand), hörten mir zu, ließen Badewasser ein, kochten und brachten Tee mit Traubenzucker und massierten meine Beine in denen die Wehen zeitweiße kaum auszuhalten waren. Immer wieder saß ich zwischen den Beiden, einer hielt mich in den Wehen, an den anderen konnte ich mich in den Wehenpausen lehnen.

Der einzige Nachteil unserer spontanen Umplanung war, dass wir den Boiler fürs Badewasser zu niedrig gestellt hatten und es daher ein etwas kühles Bad während des Nachmittages gab und die unwissenden Nachbarn während der Presswehen, in denen ich doch etwas lauter war, gegen die Decke klopften und später aus Sorge auch die Polizei riefen, die zum Glück erst kam, als unsere kleine Tochter bereits in meinen Armen lag. Die Hebamme klärte für uns alles mit der Polizei und konnte unserem kleinen Baby die besten Glückwünsche der beiden Polizisten ausrichten.

Ich brachte unser Kind in der Badewanne zur Welt (unglaublich als es wirklich da war!) und trug es dann in unser Bett wo es auf meinem Bauch lag. Hier wurde auch die Nachgeburt geboren. Diese lag dann wohlgeborgen in unserer besten Salatschüssel, während wir unsere kleine Tochter in Ruhe willkommen heißen konnten. Als die Nabelschnur auspulsiert hatte, durchtrennte der stolze Papa sie unter Anleitung der Hebamme und hielt die Kleine, solange ich in unserem Bett genäht wurde, da ich leider etwas gerissen war.

Ich war so froh nicht mehr Nachts um 4Uhr durch Stuttgart fahren zu müssen, sondern einfach mit meinem Kind und meinem Mann in unserem Bett liegen zu können.

Erst im Nachhinein wurde meinem Mann und mir so richtig klar, was für ein Glück wir hatten, dass sich eine zweite Geburt zur selben Zeit fürs Geburtshaus ankündigte! Sonst hätten wir vielleicht gar nicht noch einmal über den Geburtsort unseres Kindes nachgedacht, denn die Hausgeburt war genau das Richtige für uns, wir konnten die Ankunft unseres Kindes ohne unnötige `Dramatik´ , Unruhe und Unsicherheiten erleben.

Wenn ich jetzt in meiner Badewanne sitze denke ich voll Dankbarkeit und Stolz an die Geburt meiner Tochter zurück, wenn sie mit im Bad ist erkläre ich ihr gerne: „Hier bist du zu uns auf die Welt gekommen!“.

Es ist erstaunlich, dass man für eine Hausgeburt eigentlich nichts braucht, das nicht auch in der Schwangerschaft nötig ist: ein gute Hebamme, den werdenden Papa, ein Bett, Ruhe, Zeit, viel Tee und andere Leckereien, Wärme, eine große Portion Vertrauen, dazu eventuell einen großen Pezziball und eine Badewanne.

Sollte unsere Tochter noch Geschwister bekommen, kommt nur eine Hausgeburt für uns in Frage, diesmal sind die Nachbarn dann aber informiert, es gibt frisches Brot in der Küche und warmes Wasser im Bad.

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