Montagmorgens um 5:43 bin ich aufgewacht und hatte eine Wehe. Die allererste. Bei allen wehenähnlichen Empfindungen davor war ich mir nie sicher gewesen. Ich war hellwach und sah keine Chance, nochmal einschlafen zu können. Also bin ich aufgestanden und durch die Wohnung getigert. Da ich weitere Wehen hatte und ich neugierig war, wie groß die Abstände sind, habe ich mir eine App runtergeladen, mit der ich sowohl Dauer als auch Abstände der Wehen messen konnte.
Die ersten Ergebnisse besagten, dass ich etwa alle fünf bis zehn Minuten eine Wehe hatte, die zwischen 30 Sekunden und anderthalb Minuten lang war. Das klang doch nach Geburtsbeginn. Dennoch wollte ich mich nicht zu früh freuen und erstmal abwarten. Es muss ja nicht gleich losgehen, wenn man mal eine Wehe hat.
Das Ziehen im Rücken war gut zu ertragen und, weil ich nicht wusste, was ich tun sollte, habe ich Computer gespielt. Gegen halb acht, habe ich mir dann Wasser in die Badewanne laufen lassen. Bevor ich Nicolai von den Wehen erzählen wollte, wollte ich erst noch testen, ob die Wehen beim Baden weggehen. Das Ergebnis war zunächst ernüchternd. Die erste Wehe in der Wanne ließ geschlagene 23 Minuten auf sich warten. Also doch nur Übungswehen? Die nächsten Wehen kamen dann aber wieder in fünf bis zehn Minutenabständen. Waren jedoch deutlich schwächer und weniger lang.
Als ich um neun aus der Wanne gestiegen bin, wurde Nicolai gerade wach. Ich wollte ihm jetzt auf jeden Fall sagen, dass ich Wehen hatte, dass ich aber nicht sicher sei, was das zu bedeuten hat. Ich hab dann gesagt: „Vielleicht kannst Du heute Abend nicht Computer spielen.“ Irgendwie war das eine komische Situation. Ich glaube, wir wussten beide nicht recht, wie wir damit umgehen sollten.
Weil ich das Gefühl hatte, etwas tun und mich bewegen zu müssen, habe ich vorgeschlagen, Pfannkuchen zum Frühstück zu machen. Das wäre eine gute Grundlage, falls es tatsächlich losgehen sollte. Außerdem entspannte das die Situation etwas.
Also habe ich Pfannkuchen gebacken und dabei Wehen veratmet. Zwischendrin gab es immer wieder eine richtig fiese, aber insgesamt hatte ich die Wehen gut im Griff. Die Pfannkuchen sind wunderbar glatt und rund geworden. Der Teig hatte genau die richtige Konsistenz und die Pfanne genau die richtige Temperatur. Ich brauche aber unbedingt noch so einen Crêpesschieber, damit die Pfannkuchen auch schön dünn werden.
Nachdem die Pfannkuchen fertig waren, haben wie in der Küche gemeinsam gefrühstückt. Als ich wieder eine Wehe hatte, hat Nicolai gefragt, ob ich denn noch reden könne. Christiane hatte im Geburtsvorbereitungskurs gesagt, dass die Männer daran einschätzen können, wie weit die Geburt vorangeschritten ist. Wenn die Frau noch nebenher reden kann, dann dauert es noch. Ich konnte noch reden, ich war aber etwas genervt von der Frage, weil es schon anstrengend war. Als Nicolai dann sagte: „Sorry, ich musste einfach fragen“ musste ich doch lachen.
Nach dem Frühstück hat Nicolai vorgeschlagen, nochmal Computer zu spielen, um mich damit abzulenken. Das ging aber nicht lange gut. Bei vielen Wehen musste ich aufstehen und mich bewegen. Dadurch sind wir nicht so recht vorangekommen. Schließlich musste ich auch noch auf Klo und hatte dabei leichte Blutungen. Also haben wir beschlossen, die Rufbereitschaft des Geburtshauses anzurufen, um sicherzugehen, dass alles in Ordnung ist.
Manuela hatte Bereitschaft und sie beruhigte mich, dass sich alles ganz prima bei mir anhören würde und dass leichte Blutungen normal seien, wenn der Muttermund sich öffnet. Wir haben dann abgemacht, dass sie sich zwei Stunden später nach ihren Terminen wieder melden würde und ich anrufen solle, wenn bis dahin irgendetwas wäre.
Computer spielen ging zwar nicht mehr, aber ich fühlte mich zu Hause wohl und kam ganz gut mit den Wehen zurecht. Inzwischen war der Schmerz vom unteren Rücken zusätzlich in die Oberschenkel gezogen. Eine ganze Reihe von Wehen veratmete ich beim Rumlaufen. Dadurch war das Ziehen in den Oberschenkeln besser zu ertragen. Ich nutzte den Bewegungsdrang außerdem, um die Wohnung noch ein bisschen aufzuräumen.
Schließlich half Rumlaufen nicht mehr so gut. Daher probierte ich aus mit dem Oberkörper auf dem Pezziball liegend die nächsten Wehen zu veratmen. Nicolai räumte währenddessen weiter auf. Um ein Uhr hat Manuela wieder angerufen. Ich war überzeugt, dass es noch eine Weile dauern würde bis die Geburt richtig losging – Christiane hatte gesagt wir sollten beim ersten Kind mit 20 Stunden rechen, ich hatte ja erst sieben hinter mir. Ich sagte Manuela, dass die Wehen regelmäßiger würden, ich aber gut zu Hause klar käme. Also machten wir aus, dass ich mich melden würde, sobald ich Rat und Unterstützung bräuchte.
Nicolai half mir jetzt bei den Wehen. Weil das Ziehen in den Oberschenkeln so stark war, schlug er vor, dass ich mich mal auf den Ball setzen solle. Das ging wirklich besser. Nicolai saß vor mir und hat mir die Beine und Arme ausgestrichen. Nebendran hatte er ein Buch, das er nebenher las. Nach jeder Wehe haben wir gelacht, uns einen Kuss gegeben und ans Baby gedacht. Ganz wie im Kurs gelernt. Seltsamerweise funktionierten die Bilder, die ich mir für das Atmen überlegt hatte, überhaupt nicht. Auch mit dem Atemschiffchen konnte ich nichts anfangen. Mein Kopf produzierte irgendwie keine Bilder mehr. Ich brauchte das aber auch nicht.
Die Wehen-App benutzte ich jetzt nicht mehr. Ich brauchte die ganze Konzentration für die Wehen und hatte keine Zeit und keine Kraft mehr, um auch noch im richtigen Moment auf den Startknopf zu drücken. Mein Gefühl sagte mir aber, dass die Wehenabstände sich verringerten.
Gegen drei Uhr hat Nicolai beschlossen, sich etwas zu Essen zu machen. Er hatte zwar noch nicht richtig Hunger, wollte aber sicher gehen, dass er gut vorbereitet war. Während das Essen im Backofen war, legten die Wehen deutlich an Intensität zu. Ich zog mit dem Ball um ins Bett. Wo ich vor dem Ball kniete und mich mit dem Oberkörper auf dem Ball hin und her wiegte. Inzwischen musste ich schon mit Ton ausatmen. Weil die Wehen so heftig wurden, beschlossen wir, Manuela anzurufen sobald Nicolai mit Essen fertig war.
Ich wusste jetzt, weshalb man sich eine PDA wünscht. Hätte mir in diesem Moment jemand eine angeboten, hätte ich wahrscheinlich nicht so ohne weiteres abgelehnt. Unsere Entscheidung, ins Geburtshaus zu gehen, war aber schon längst gefallen und ich war fest entschlossen, dass auch durchzuziehen. Komme was wolle. Also verdrängte ich den Gedanken an eine PDA und versuchte irgendwie so mit den Wehen klarzukommen.
Als Nicolai schließlich fertig war mit essen, musste er Manuela anrufen, weil ich nicht mehr so richtig in der Lage war zu reden und zu denken. Von dem Gespräch habe ich dann auch nicht viel mitbekommen, außer dass Manuela vorbeikommen würde.
In der Hoffnung, dass Baden helfen würde, bat ich Nicolai nochmal Wasser einlaufen zu lassen und als ich zehn Minuten später in der Wanne saß, war ich sehr froh über diesen Einfall, auch wenn ich mich fragte, wie ich da wohl wieder rauskommen sollte. Ob wir überhaupt je im Geburtshaus ankommen würden?
Schließlich war Manuela da. Ich war ganz schön froh, dass sie da war. Sie ließ sich kurz von Nicolai und mir auf den aktuellen Stand bringen und hörte dann erstmal nach den Herztönen. Die waren schön kräftig und regelmäßig. Obwohl ich zu keinem Zeitpunkt das Gefühl hatte, dass es meinem Baby nicht gutginge, war ich sehr erleichtert jetzt die Bestätigung zu hören. Danach nutzte Manuela eine Wehenpause, um nach dem Muttermund zu schauen. Ihre Schlussfolgerung war: fünf bis sechs Zentimeter geöffnet und ein guter Zeitpunkt, um ins Geburtshaus zu fahren.
Mir war schleierhaft, wie ich da hin kommen sollte, nutzte aber eine der nächsten Pausen, um mit Nicolais und Manuelas Hilfe aus der Wanne zu steigen. Während Manuela mir half, mich anzuziehen, packte Nicolai das Auto. Wenn mich sonst jemand gefragt hätte, ob er mir beim Anziehen helfen solle, hätte ich ohne zu überlegen abgelehnt. In diesem Moment war ich dankbar, dass Manuela mir wie einem Kind die Hosenbeine aufhielt und mir beim Einsteigen und Hochziehen halft.
Einige Wehen veratmete ich noch an der Badezimmerheizung hängend bis ich eine Pause erwischte, in der ich schnell die Treppen runter und inst Auto einsteigen konnte. Manuela riet mir, mit der Kleinen zu reden und mit ihr abzumachen, dass sie langsamer machen solle bis wir im Geburtshaus wären. Das machte ich die ganze Fahrt lang: „Bitte eine Pause. Nur bis zum Geburtshaus. Bitte eine Pause.“ Nebenher verfluchte ich die schlechten Straßenverhältnisse in Stuttgart. Jede Bodenwelle wurde zu einer kleinen Tortur, obwohl Nicolai wirklich vorsichtig und gut gefahren ist.
Um 17:20 waren wir losgefahren und es kam mir wie eine Ewigkeit vor bis wir endlich im Geburtshaus ankamen. Ich habe keine Ahnung wie lange es tatsächlich gedauert hat und wie viele Wehen ich veratmen musste. Außerdem hatte ich nicht wirklich den Eindruck, dass die Kleine eine Pause während der Fahrt gemacht hätte.
Manuela hatte im Geburtshaus bereits Wasser in die Badewanne laufen lassen und so veratmete ich noch drei Wehen an einem Tuch hängend und stieg anschließend in die Wanne. Die Wehen waren jetzt extrem anstrengend und ich war nur noch damit beschäftigt, die aktuelle Wehe zu überstehen.
Halt zu finden, war jetzt für mich das allerwichtigste. Ich verkeilte mich so in der Badewanne, dass ich in alle Richtungen Begrenzung hatte und den riesigen Druck abgeben konnte. Ich lehnte mit dem linken Arm auf einer Stufe, die in der Badewanne war. Die Beine hatte ich rechts von mir gegen die Wannenwand gestemmt. Wenn eine Wehe kam, hielt ich mich am mit der Rechten am Wannenrand oder am Auslassknopf fest. Dieser Knopf wurde für mich zu einem wichtigen Ankerpunkt, auf den ich meine Aufmerksamkeit richten konnte. Nicolai hat zusätzlich meinen Kopf gehalten.
Die Haltung war total unbequem sowohl für mich als auch für Nicolai der halb über dem Wannenrand hängen musste. Ich konnte aber nicht mehr anders. Ich glaube dadurch, dass ich sicher sein konnte, dass mein Körper durch die Wanne, mein Geist durch den Knopf und meine Gefühle durch Nicolais Hände an meinem Kopf fest im hier und jetzt verankert war, konnte ich den Mut aufbringen ansonsten loszulassen und Scheu, Scham und Angst vor Schmerzen abzulegen.
Schon nach kurzer Zeit in der Wanne hatte ich das Gefühl mitpressen zu können. Ich war überrascht und fragte mich ob ich tatsächlich schon so weit war oder ob ich es mir nur einbildete. In einer Wehenpause schaute Manuela dann nochmal nach dem Muttermund und stellte fest, dass er tatsächlich vollständig geöffnet war. Die Kleine hatte also während der Autofahrt kein bisschen langsamer gemacht. Die Ungeduld hat sie eindeutig von mir.
Manuela sagte, ich solle dem Druck einfach nachgeben. Ich müsste aber nicht unbedingt mitpressen, nur wenn mir danach war. Das waren gute Nachrichten. Dem Druck erstmal nur nachgeben, war schaffbar. Von jetzt an hangelte ich mich nur noch von Pause zu Pause.
Irgendwann kam ich auf die Idee, mal nach dem Köpfchen zu schauen. Tatsächlich konnte ich ganz bisschen mit der Fingerspitze etwas hartes fühlen und daneben etwas schwabbelig weiches, das ich für den Muttermund hielt. Manuela sagte mir dann, dass das die Fruchtblase sei, die noch nicht geplatzt war und die mit rausgedrückt würde.
Als die Fruchtblase schließlich mit einem riesen Knall in mir platzte, ließ der Druck nur ein ganz kleines bisschen nach, aber dieses bisschen reichte schon, dass ich mich um Längen besser fühlte. Ich tastete jetzt nach jeder Wehe nach dem Köpfchen und motivierte mich mit jedem Stück, das es weiter vorrutschte. Wie schön es war, mein Baby bereits berühren zu können. Allerdings war das schwierig, weil sich oft gar nichts tat, obwohl ich inzwischen kräftig mitpresste und ich während der Wehe auch spürte, das es vorwärts ging.
Weil mich das etwas frustrierte, schlug Manuela vor, dass ich während der Whe nach dem Köpfchen tasten solle, weil es normal sei, dass es nach der Wehe erstmal wieder zurückrutscht. Dadurch würde das Gewebe langsam gedehnt. Ich wollte sehr gerne während der Wehe nachsehen, das hatte ich mir schon vorgenommen als Christiane davon im Geburtsvorbereitungskurs berichtet hatte, aber es ging nicht. Ich konnte meinen festen Halt währden der Wehen nicht aufgeben. Ich bedaure das sehr, aber der Halt war wichtiger für mich als jede Bewegung des Köpfchens verfolgen zu können.
Nach einer Ewigkeit war das Köpfchen endlich am Scheideneingang. Ich hatte bis dahin gedacht, dass es nicht mehr schlimmer werden könne, aber die vier oder fünf Wehen, die es im Scheideneingang steckte, waren die Hölle. Mit tief tönen war nichts mehr zu machen. Ich habe noch nie solche eine Erleichterung verspürt, wie in dem Moment als das Köpfchen endlich draußen war. Gleichzeitig spürte ich, dass meine Kraft jetzt am Ende war, deshalb fragte ich, wie viele Wehen ich jetzt wohl für den Körper noch brauchen würde. Als Ruth sagte, dass eine einzige reichen würde, stieg meine Erleichterung ins unermessliche.
Ich weiß nicht mehr, wann Ruth dazugekommen war, ich kann mich nur dunkel daran erinnern, dass Manuela gesagt hatte, dass Ruth die zweite Hebamme sei uns sie ihr jetzt Bescheid geben würde. Das Gefühl für Raum und Zeit war mir tatsächlich verloren gegangen. Ich hatte mir im Geburtsvorbereitungskurs so eine Art Schwebezustand vorgestellt. So als würde man zwischen den Sternen treiben. Was ich erlebt habe, war etwas ganz anderes und wiederspricht allen Aussagen, dass an die Strapazen der Geburt sofort wieder vergisst.
Für mich war es, als hätte ich in einer Seifenblase gesessen. Die Umwelt habe ich nur verschwommen und verzerrt durch die Blasenhaut wahrgenommen. Dafür war alles, was in der Blase, in mir und in meinem Körper vorgeganen ist, viel klarer sichtbar als sonst. So als hätte ich mich sonst immer nur durch einen Schleier sehen können und während der Geburt auf einem ohne den Schleier. Jetzt beim Schreiben fällt mir besonders auf, an wie viele kleine Details und Gefühle ich mich erinnern kann.
Endlich kam die nächste Wehe und ich mobilisierte nochmal alle Kräfte, dass es auch wirklich die letzte wäre. Und es wurde die letzte. Manuela fing die Kleine auf und half mir, sie auf meinen Bauch zu legen. Dann entwirrte sie noch schnell die Nabelschnur, die einmal um den Hals der Kleinen lag. Ich war völlig fertig, völlig überweltigt, völlig ausgelaugt und überglücklich. Das kleine, unbekannte Wesen auf meinem Bauch war bläulich-weiß, ziemlich klebrig und rührte sich erstmal gar nicht. Ich hatte Angst, dass etwas nicht in Ordnung war, aber alle versicherten mir, dass es der Kleinen gut ginge. Ich hielt sie einfach nur fest an mich gedrückt. Zu mehr war ich auch gar nicht in der Lage. Ich zitterte am ganzen Körper. Das Wasser war inzwischen deutlich abgekühlt, aber ich glaube das Zittern kam eher davon, dass die über den gesamten Tag aufgebauten Anspannung auf einen Schlag von mir abfiel und meine Muskeln gar nicht wussten, wie sie darauf reagieren sollten.
Als Manuela sagte es wäre gut, ins Bett umzuziehen, erschien mir das wie ein Ding der Unmöglichkeit. Ich wusste nicht einmal mehr, wie ich die Muskeln wieder bedienen sollte, geschweige denn, dass ich genug Kraft gehabt hätte das zu tun. Sie überredeten mich zu dritt, es mal zu probieren und ich willigte ein, mich erstmal auf die Stufe in der Wanne zu setzen, vorausgesetzt sie passten auf, dass ich die Kleine nicht fallenließ. Tatsächlich gelang es mir auf die Stufe zu kommen. Als nächstes versuchte ich aufzustehen und war überrascht, als ich dann tatsächlich Stand. Ich war so sicher gewesen, dass das nicht mehr ginge. Die Kleine festklammernd kam ich Schritt für Schritt vorwärts aus der Wanne und endlich zum Bett. Irgendwie schaffte ich es auch noch, mich hineinzulegen.
Manuela schaute jetzt nach der Plazenta und meinte, dass die sich schon gelöst hätte und ich probieren solle bei einer Wehe mitzupressen. Zunächst ging das nicht. Das Gefühl für’s Pressen war auf einmal weg. Erst nach einigen Minuten und kam das Gefühl langsam wieder zurück und ich konnte auch noch die Plazenta rausdrücken. Endlich geschafft!
Das kleine Wunder auf meinem Bauch war inzwischen aktiv geworden und suchte schon nach meiner Brust und so half mir Manuela noch, die Kleine das erste Mal anzulegen bevor sie und Ruth sich eine Weile zurückzogen. Nicolai und ich genossen die Ruhe und die ersten Momente mit der Dreisamkeit. Nicolais Nähe und Gelassenheit zu spüren, die mir seit dem Morgen über alle Hürden hinweg geholfen hatten, und gleichzeitig unsere Kleine im Arm halten zu können, erfüllte mich mit unendlicher Dankbarkeit und Liebe zu den beiden.
Nach einer ganzen Weile kamen Manuela und Ruth wieder und Nicolia durfte die Nabelschnur durchtrennen. Die Plazenta wurde untersucht und Ruth zeigte und das Organ, das unsere Kleine so lange so gut versorgt hatte. Ruth war begeistert über die Größe der Plazenta und Nicolai machte ein paar Fotos.
Anschließend untersuchten mich die beiden Hebammen auf Geburtsverletzungen. Sie zogen auch noch Vroni hinzu und entschieden dann, dass ich besser von einem Arzt in einer Klinik genäht werden solle. Für Nicolai und mich war das völlig in Ordnung. Ich bewundere sehr, dass die drei so entschieden haben. Dass sie ehrlich sagten, dass es besser wäre, jemand mit mehr Routine solle sich die Risse anschauen, hat mein Vertrauen in die Hebammen nur bestärkt.
Also begannen wir mit den Vorbereitungen der Abreise. Manuela und Nicolai kümmerten sich um die Kleine und machten die U1, während Ruth mir half aufzustehen, zu duschen, aufs Klo zu gehen und mich anzuziehen. Nach ein paar Telefonanrufen war entschieden, dass wir in die Filderklinik fahren würden und Manuela uns begleiten würde. Ich war sehr froh, dass Manuela mitkam. vor dem nähen hatte ich schon ziemlich bammel.
Wir verabschiedeten uns von Ruth. Unser Vorsorgetermin am Donnerstag würde wohl leider ausfallen, aber ich fand es sehr schön, dass Ruth, nachdem wir uns so oft zu Vorsorgeterminen gesehen hatten, auch bei der Geburt dabei sein und so die Früchte ihrer Arbeit ernten konnte.
In der Filderklinik mussten wir lange warten bis die Ärztin Zeit hatte, aber wir plauderten entspannt mit Manuela und so war das Warten nicht so schlimm. Als die Ärztin schließlich da war, kam Nicolai doch noch zu seiner zerdrückten Hand, da ich ja nun keinen Badewannenrand mehr greifbar hatte. Ich war außderdem dankbar, dass Manuela bis zum Schluss dablieb. Ihre Anwesenheit gab mir zusätzliche Sicherheit.
Um zwei Uhr nachts waren wir zu Hause und haben damit genau Christianes prognostizierte 20 Stunden eingehalten. Ob sie das wohl so gemeint hat?
Seit der Geburt ist eine Woche vergangen, in der ich die meiste Zeit damit verbracht habe, unsere Kleine zu betrachten und mich darüber zu wundern, wie dieser kleine Sonnenschein aus mir rauskommen konnte. Sie ist soooooooo süß!
Ich habe diese Woche außerdem dazu genutzt, dies hier alles aufzuschreiben, zu verarbeiten und abzuschließen. Es war zum Teil sehr schwer, sich nochmal mit den anstrengenden Stunden auseinanderzusetzen. Zwischendrin hatte ich immer wieder den Eindruck, als könnte ich die Wehen tatsächlich wieder spüren. Ein objektiver Wissenschaftler würde jetzt wohl sagen, dass ich beim Schreiben Nachwehen hatte, was ja normal ist in der ersten Woche nach der Geburt.
Ich glaube aber, dass eine Geburt so überweltigend ist, dass ihr Echo noch lange nachhallt. Vielleicht hört man es nur, wenn man sich darauf konzentriert, aber die Geburt wird erst abgeschlossen sein, wenn das Echo im Rauschen der Tage verklungen ist.
Für Katharina
19.04.2010 20:04
51cm, 3430g
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