Die Tage vor der Geburt sind von heimlichem Warten erfüllt. Frau horcht in ihren Körper hinein um ein Zeichen zu erkennen,wann das Kind hinauskommen möchte. Ein Sehnen, aber auch ein Bangen um die Herausforderungen die unser Kind mit sich bringen wird. Es ist das Warten auf ein Erlebnis auf das wir als Paar und auch als Familie lange hingearbeitet haben. Das Warten ist gefüllt mit dem Wissen, dass die Geburt unser Leben nochmals stark verändern und bereichern wird, einer Neugier auf den neuen Erdenbürger und der Respekt vor der Kraft und Perfektion des Körpers der es schafft Menschen zu gebären.

Der errechnete Termin für unser Kind war der 30.12.2017. Genau die Zeit in der mein Mann Lucas Ferien hatte und nicht auf Hochtouren arbeiten musste. Wir waren einen Monat vor Geburtstermin noch in eine neue Wohnung umgezogen und hatten in Windeseile alles eingerichtet um uns ganz unserem Kind widmen zu können. Wir hatten uns schon vor längerem für eine Hausgeburt entschieden, da ich auch schon meinen ersten Sohn Samuel im Geburtshaus geboren habe. Ich fand den Gedanken schön, nicht entscheiden zu müssen wann man ins Geburtshaus fährt, zudem wir auch gar kein Auto haben.

Lucas und ich verbrachten also erwartungsvolle Weihnachtsferien. Mein erster Sohn war mit seinem Papa eine Woche bei den Großeltern und feierten ein zweisames Weihnachten. Da Samuel damals ein paar Tage zu früh kam ging ich die ganze Zeit davon aus, dass auch dieses Kind nicht auf sich warten lassen würde. Aber falsch gedacht. Also schraubte ich meine Erwartungen zurück und versuchte jeden Tag den Lucas und ich noch zu zweit hatten zu genießen. Lucas hingegen wurde immer ungeduldiger und fragte mich jeden Tag ob unser Kind heute käme. Die Ungeduld war auch dem Wissen geschuldet, dass er schon am 7.1 wieder arbeiten musste und mir im Wochenbett kaum beistehen konnte.

Nach ein paar Tagen kam dann Samuel zurück. Am 31.1, ein Tag vor dem ET+2 Termin in der Filderklinik spürte ich eine Präsenz im Unterleib. Es waren kaum Schmerzen, einfach so ein leises „Rufen“, dass meine Aufmerksamkeit immer wieder dort hinlenkte. Ich ahnte schon dass es nicht mehr lange dauern würde, verlautete Lucas aber nicht allzu viel. Es war ein richtig schöner, sonniger Tag und gemeinsam mit meinem Sohn machten wir noch eine kleine Fahrradtour zu einem Bauernhof. Ich weiß auch nicht wie ich es mit dem dicken Bauch den Berg hoch geschafft habe.

Nach ein paar Stunden hatte ich das Gefühl jetzt dringend nach Hause zu müssen. Wir machten noch ein Silvesteressen und versprachen Samuel ihn um 0 Uhr zu wecken um Raketen zu schauen. Kurz nachdem ich ihn ins Bett gebracht hatte spürte ich vereinzelt ein leichtes Ziehen im Unterleib. Ich ging in die Badewanne, aber danach war nichts mehr. Plötzlich gegen 22.30 Uhr kam das Ziehen dann wieder. Verunsichert rief ich meine Mutter an, die sich bereit gehalten hatte um bei Geburt zu uns zu fahren und nach Samuel zu schauen. Ich wollte ja keine Pferde lostreten, doch schon während dem Telefonat spürte ich regelmäßige Wehen in ziemlich kurzen Abständen. Meine Mutter machte sich sofort auf dem Weg und Lucas rief die Rufbereitschaftsnummer an. Malin, die wir beide sehr gut kannten machte sich daraufhin auf den Weg zu uns. Die Wehen waren noch sehr erträglich, wenn auch der Abstand nur wenige Minuten betrug. Als Malin bei uns eintraf war es 0 Uhr und die Erde explodierte und wir schauten dem Feuerwerk vom Sofa sitzend zu. Zu dem Zeitpunkt dachte ich noch: „Ach, wenn das so bleibt, dann ist das ja super easy!“, wobei mir auch klar war, dass ich erst am Anfang stand.  Malin ließ uns dann einfach machen, mit dem Hinweis, dass wir sie rufen sollten wenn wir was benötigten und zog sich in ein Zimmer zurück. Meine Mutter war inzwischen auch eingetroffen und legte sich neben Samuel ins Bett.

Ziemlich schnell verlängerten sich die Wehen und die Schmerzen wurden intensiver. Ich lag zunächst in unserem Schlafzimmer auf dem Boden, wollten dann aber ziemlich schnell in die Badewanne, die Lucas für mich einließ. Das Bad habe ich dann auch nicht mehr verlassen. Lucas war die ganze Zeit bei mir und ich habe bei jeder Wehe seine Hand zerquetscht. Seine Präsenz hat mir unglaublich viel Kraft gegeben. War er kurz weg, so schienen die Schmerzen unerträglich. Zu Atmen hat mir auch sehr geholfen und auch wenn mein Unterleib zu zerreißen schien, konnte ich in den kurzen Wehenpausen gut entspannen und loslassen, sodass ich dann wieder Kraft hatte um den Wehen zu begegnen.

Die Zeit verging wie im Fluge. Ziemlich bald spürte ich den leichten Drang zu pressen, dachte es aber noch zurückhalten zu müssen. Da riefen wir Malin, weil ich gerne wissen wollte ob der Muttermund schon ganz auf sei und ich pressen könne. Malin meinte, dass er ganz geöffnet sei und die prall gefüllte Fruchtblase sich schon rausschieben würde. Ich tastete selbst mit der Hand und spürte tatsächlich eine prall gefüllte Haut, die sich zunächst wie der Kopf anfühlte. Ich konnte es kaum glauben, schon so bald am Ende der Geburt zu stehen und gleich unser Kind in den Armen zu halten.

Zunächst traute ich mich nicht ganz dem Pressdrang nachzugeben, aber als Malin mich dazu ermutigte konnte ich dem nachgeben. Bald platze die Fruchtblase und ich konnte den Kopf spüren. Das Ziehen, wenn der Kopf immer weiter nach draußen geschoben wird, fand ich dann ziemlich unangenehm, aber nach einem Dutzend Presswehen war dann der Kopf geboren und mit einer weiteren Welle der ganze Körper. Ich fühlte mich von einem auf den nächsten Moment ganz leer und hob unser Baby aus dem Wasser. Es fing sofort an zu schreien und ich rief als erstes: „Oh, du Süßer“ und barg ihn an meinem Körper.  Wie mein Gefühl mir gesagt hatte, war es ein Junge. Malin und Lucas halfen uns aus der Badewanne und Lena, die zweite Hebamme hüllte unseren Sohn in ein warmes Handtuch. Es war ungefähr 2.30 Uhr.

Die Plazenta hatte ich natürlich erst einmal vergessen, ich dachte das würde noch ein wenig dauern. Aber Malin zog ein wenig an der Nabelschnur und kurz darauf gebar ich die vollständige Plazenta. Wir legten uns gleich alle ins Bett und bestaunten unser Kind.

Ich war glaube ich ganz schön neben mir und Lucas war ganz verzückt von seinem Söhnchen. Uns war beiden sofort klar wie er heißen sollte. Es gab keinen anderen Namen für ihn, er sollte Yorick heißen.

Malin und Lena ließen uns erst mal in Ruhe staunen und ankommen. Lucas und ich waren immer noch erstaunt, wie schnell es gegangen ist. Lucas nahm seinen Sohn auf den Bauch, während Malin mich nach Verletzungen untersuchte und Lena uns die Plazenta zeigte.

Ich hatte ein wenig Angst, dass Yorick nicht gut trinken würde, da es mit Samuel so schwierig gewesen war. Aber Lena half mir ihn richtig anzulegen und sofort begann er zu saugen.

Ich bin sehr dankbar schon wieder eine so entspannte, ruhige und schöne Geburt erleben zu dürfen. Die Begleitung der Hebammen in der Schwangerschaft haben mir viel Selbstvertrauen und Gelassenheit geschenkt und ich kann mir nicht vorstellen jemals anders Kinder zu bekommen. Ich finde es wunderbar ,dass es Hebammen wie diese gibt, die für eine selbstbestimmte, natürliche Geburt einstehen! Ich bin sehr dankbar dass Malin so viel Vertrauen in Lucas und mich hatte und uns einfach gelassen hat, denn dadurch kann ich voller Stolz auf ein selbstbestimmte, leichte Geburt zurückblicken und dem Wissen, dass ich nur auf meinen Körper und mein Gefühl zu hören brauche.

 

 

Dieser Texte unterliegt dem Urherberrecht. Eine Vervielfältigung oder Verbreitung – auch auszugsweise – bedarf der vorherigen Zustimmung des Urhebers.