Der Wunsch unser Kind, außerhalb einer Klinik, in einem Geburtshaus zur Welt zu bringen, bestand bei mir schon vor der Schwangerschaft und wurde durch den Besuch des Infotages im Geburtshaus Stuttgart–Mitte noch bestärkt.

Deshalb meldeten wir uns bereits Anfang des vierten Schwangerschaftsmonats zu einem Vorgespräch in der Hebammenpraxis an und entschieden uns, trotz eines etwas weiteren Anfahrtsweges, die Geburt im Geburtshaus anzustreben. Ab diesem Zeitpunkt fanden nun auch dort die Vorsorgeuntersuchungen, im Wechsel mit meinem Frauenarzt, statt, bei denen sich dann bald zeigte, dass einer Geburtshausgeburt nichts im Wege stehen dürfte, da die Schwangerschaft total komplikationslos verlief.

Bei diesen Vorsorgeterminen genoss ich die Fürsorge und die Zeit sehr, die sich die Hebammen während der Vorsorgetermine für einen selbst, als aber auch für das ungeborene Kind und den Partner nehmen und ich baute ein immer größeres Vertrauen zu den Hebammen auf. Langsam rückte der Geburtstermin immer näher und ich bemerkte, dass die zu Beginn der Schwangerschaft vorhandenen Ängste immer mehr der Vorfreude auf das Erlebnis Geburtshausgeburt wichen.

Dienstagabend, 5 Tage nach dem errechneten Termin war es dann endlich so weit. Nachdem ich bereits seit Sonntagnachmittag starke Vorwehen hatte, die das Schlafen unmöglich machten, jedoch nicht für einen Geburtsbeginn ausreichten, und die uns zu einigen Fahrten ins Geburtshaus bzw. die Hebammenpraxis veranlasst hatten, spürte ich, dass sich nun endlich etwas an der Intensität der Wehen veränderte.

Wir waren gerade mal wieder auf der Heimfahrt von einer weiteren Vorsorgeuntersuchung bei Denise mit CTG-Kontrolle , als ich ca. nach der Hälfte der Strecke plötzlich eine stärkere Wehe verspürte. Ich bat meinen Mann anzuhalten, um die nun deutlich stärkeren Wehen ohne Straßengehoppel veratmen zu können und in Ruhe abzuwarten, wie die Abstände zwischen den Wehen sich einpendelten. Kaum standen wir kam auch schon wieder eine Wehe und auch die nächste ließ nicht lange auf sich warten.

Also rief mein Mann bei Denise an, die in dieser Nacht auch Bereitschaft hatte, und schilderte ihr den Stand der Dinge. Auf die Frage hin, ob ich nun meinen würde, die Geburt würde beginnen, wusste ich jedoch nach den letzten Tagen keine Antwort. Ich fühlte mich zu diesem Zeitpunkt kraftlos und erschöpft und wollte nur noch schlafen – woraus jedoch nichts mehr werden sollte.

Gemeinsam mit Denise entschieden wir, zuerst noch einmal nach Hause zu fahren, heiß zu baden, ein Glas Sekt zu trinken und zu sehen, ob die Wehentätigkeit gleich bliebe.

Gesagt – getan. Zu Hause angekommen nahm ich ein heißes Bad und trank ein Glas Sekt. Die Wehen wurden nun immer stärker und kamen in immer kürzeren Abständen. Ich versuchte mich gemeinsam mit meinen Mann nochmals hinzulegen, um Kraft zu tanken, aber sinnlos. Jede Wehe zwang mich in die Senkrechte, um sie zu veratmen.

Mit der Zeit verlor ich jegliches Zeit- und Schmerzgefühl. Und so veratmete ich noch ca. 2 Stunden zu Hause die Wehen bis mein Mann Christoph wieder bei Denise anrief, um ihr mitzuteilen, dass wir nun losfahren würden.

Ca. eine dreiviertel Stunde später, so gegen 3.00Uhr, kamen wir im Geburtshaus an. Glücklich, die lange Fahrt überstanden zu haben, empfing uns Denise in den uns bekannten und vertrauten Räumen des Geburtshauses, die mit Kerzen und gedämpften Licht Geborgenheit und Ruhe ausstrahlten. Nachdem ich ein paar weitere Wehen im Beisein von Denise veratmet hatte, bat sie mich aufs Bett zu liegen, um nachzusehen, wie weit der Muttermund denn schon geöffnet sei.

Für mich kam nun die Stunde der Wahrheit. Denn ich hoffte nach dem langen Warten der letzten Tage, dass sich nun auch wirklich etwas an dem Befund getan hatte.

Und es hatte sich etwas getan. Der Muttermund war bei ca. 5,5 cm. Nun galt es, die Wehen weiter zu veratmen. Dazu wanderte ich zwischen Badewanne und Wickeltisch hin und her, wo ich mich bei jeder Wehe abstütze. Mit der Zeit wurden meine Beine immer schwerer und ich hatte nur noch den Wunsch hinzuliegen.

Kaum lag ich auf dem gemütlichen Bett, kam eine Wehe und ich spürte, dass ich sie im Liegen nicht mehr veratmen konnte. Also zog mich mein Mann Christoph aus dem Bett und als ich gerade stand, hörte ich ein leichtes Knacken, dem ein riesiger Schwall Fruchtwasser folgte. Die Fruchtblase war geplatzt und ich patschnass 🙂

Da ich mich nun so oder so ausziehen musste, stieg ich in der Hoffnung, dort ein wenig entspannen und Kraft sammeln zu können in die Wanne, die Denise auf meinen Wunsch hin bereits vorbereitet hatte. Kaum war ich in der Wanne kam bereits die nächste Wehe und ich suchte verzweifelt nach einer geeigneten Position. Doch weder im Sitzen, noch auf der Seite liegend waren die Wehen auszuhalten.

Also kniete ich in der Wanne und drückte mich bei jeder Wehe nach oben, so dass ich senkrecht in der Wanne kniete. Der Druck des Köpfchens nach unten und auf mein Steißbein wurde immer stärker und ich hielt es durch das ständige auf und ab während der Wehen bald nicht mehr in der Wanne aus.

Nach nur 4 –5 Wehen kletterte ich wieder aus der Wanne heraus. Jetzt stand mir Christoph gegenüber und ich hielt mich mit aller Kraft an ihm und er mich fest, so dass ich weiterhin im Stehen die Wehen mittlerweile deutlich tönend veratmen konnte. Ich fühlte bei jeder Wehe ganz deutlich, wie das Köpfchen immer weiter nach unten drückte, als mich Denise, für mich noch ganz unerwartet aufforderte, aktiv mitzupressen.

In diesem Moment schoss mir durch den Kopf: „Jetzt kommt gleich unser Baby!“ und ich spürte plötzlich ungeahnte Kräfte in mir.

Nach ein bis zwei weiteren Wehen sagte Denise, dass sie bereits das Köpfchen sehen würde und ließ mich mit meiner Hand den warmen, nassen Haarflaum fühlen. Überglücklich nun demnächst unser Baby im Arm zu halten und dem Gedanken im Kopf, nun endlich zu dritt in das gemütliche Bett liegen zu dürfen, folgte ich nun einfach Denise‘ Anweisungen.

Und gerade als Katharina, die zweite Hebamme, mit einem freundlichen „Guten Morgen“ erschien, wurde das Köpfchen geboren. Dann noch eine Wehe und unsere kleine Leni hatte um 6.09 Uhr im Geburtshaus Stuttgart-Mitte das Licht der Welt erblickt.

Erschöpft, aber glücklich wie noch nie, setzte ich mich vor das Bett auf den Boden und bekam Leni sofort in den Arm gelegt. Nach einigen Minuten ersten Beschnupperns zogen wir als neugeborene kleine Familie in das Bett um, wo wir in aller Ruhe unseren kleinen Erdenbürger empfangen durften.

Nach ca. 30 Minuten wurde dann Leni durch ihren Papa abgenabelt und anschließend die Plazenta absolut schmerzfrei geboren.

Danach durften wir drei uns noch eine Stunde lang ausruhen, bevor die Hebammen mich auf Geburtsverletzungen hin untersuchten. Doch zu meiner Freude hatte die vorbereitende Dammmassage wohl doch einiges gebracht, und ich hatte keinerlei Dammverletzung. Also durfte ich nun in Begleitung von Katharina unter die von mir bereits ersehnte Dusche, während unsere Kleine im Beisein ihres Papas von Denise untersucht und vermessen wurde. Nur 3 Stunden, nach einer unkomplizierten, schönen Geburt im Stehen, wie Denise es auch im Mutterpass vermerkte, konnten wir das Geburtshaus zu dritt verlassen.

Heute, ein halbes Jahr später, erinnern wir uns immer noch oft an die schönen Stunden, die wir während der Schwangerschaft und der Geburt in der Hebammenpraxis, dem dort besuchten Geburtsvorbereitungskurs und im Geburtshaus verbringen durften und freuen uns schon sehr auf ein Wiedersehen beim morgigen Geburtshausfest!

Vielen herzlichen Dank all den Hebammen, die uns während der Zeit der Schwangerschaft und ganz speziell der Geburt so liebevoll begleitet und umsorgt haben!

Nadine & Christoph mit Leni (*29.11.2006, 6.09 Uhr, 3560g und 50cm)

Dieser Texte unterliegt dem Urherberrecht. Eine Vervielfältigung oder Verbreitung – auch auszugsweise – bedarf der vorherigen Zustimmung des Urhebers.